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Ny-Ålesund – Lloydhütte in der Møllerhamna 32 sm

10.07.2013 Ziel: Lloydhütte in der Møllerhamna

Über Nacht haben wir belgische Nachbarn bekommen, die sich zu uns in Päckchen gelegt haben. Nach dem frühstück wollen wir um 10:15 Uhr ablegen, aber auf unserem Nachbarboot rührt sich nichts. Wir klopfen vorsichtig auf das Deck, kein Lebenszeichen. Wir klopfen etwas lauter und dann erscheint plötzlich ein völlig verschlafener Segler aus der Kajüte. Er spricht offensichtlich auch nur französisch aber es gelingt uns mit Händen und Füßen ihm klar zu machen, das wir endlich ablegen möchten. Bereitwillig weckt er zwei Kameraden, so das wir doch noch ablegen können. Der Eisberg in der Hafeneinfahrt hat sich freundlicherweise vor die Schwimmstege verholt, wir haben freie Fahrt.

Kurs Nord: Magdalenenfjorden

Die Wettervorhersage verspricht Wind mit 5 – 10 Knoten aus Nord versprechen. Also genau aus der Richtung in der sich unser Ziel der Magdalenenfjorden befindet. Der Magdalenenfjorden steht auf jeder Kreuzfahrt in dieser Region auf dem Programm.Hierzu müssten wir aber die Westküste Svalbards Richtung Norden ca. 35 sm fahren. Die Zeit in den geschützten norwegischen Fjorden ist lange vorbei. Also geht es raus aus dem Kongsfjorden und hinaus auf das offene Polarmeer. Außen rum kommt uns der Wind mit 5 – 6 Bft. aus NNW entgegen. Wir müssten lange Kreuzschläge hinlegen und würden elendig lange bis in den Magdalenefjord brauchen. Das macht keinen Sinn, so das wir nach einer Alternative suchen.

Da erinnere ich mich an eine Passage, die ich in Arved Fuchs‘ Buch „Der Weg in die weiße Welt“ gelesen hatte, in der Arved Fuchs auf die Lloydhütte hinweist: „… es ist die schon fast berühmte Lloydhütte. Der Norddeutsche Lloyd, eine Reederei, die später in die Hapag-Lloyd Reederei eingegangen ist hat diese Hütte bereits in den zwanziger Jahren errichtet, damals wohl mehr in Hinblick auf eine Schutzhütte, heute wird sie eher als Touristenattraktion erhalten“.
Und noch etwas gibt es für uns zu entdecken: „Etwa einen Kilometer von der Hütte entfernt
liegt ein großer, weithin sichtbarer Felsbrocken, den irgendein Gletscher vor Urzeiten einmal
dort abgelegt haben muss. Der englische Bergsteiger und Seefahrer H. W. Tilman war mit
seinem Lotsenkutter „Baroque“ 1974 nach Spitzbergen gesegelt und hatte u.a. auch in dieser
Bucht geankert. (…) Als wir um den Felsbrocken herum gehen, bin ich überrascht. In großen
Lettern, als sei es erst im vergangenen Jahr drauf gemalt, steht dort zu lesen: Baroque
1974″.

Møllerhamna

Das hört sich doch nach einem interessanten Abstecher an. Bis zum Møllerhamna sind es beinahe 15 sm, aber das klingt doch zu verlockend. Die Einfahrt in den Møllerfjorden. Kurz darauf kommt ein schnelles Schlauchboot auf uns zu. Welche Forscher sind das denn? Ralph nimmt ein wenig Fahrt raus, als Zeichen, dass sie längsseits gehen können. Zwei ausgesprochen hübsche und freundliche Norwegerinnen fragen nach, ob alles okay ist, ob wir heute Abend in Ny-Ålesund festmachen und wünschen uns eine gute Reise. In großen Lettern steht auf ihrem Boot „Sysselmannen“.
Das Wetter klart auf und durch die Sonne ist das Wasser grün und glasklar.  Die schroffen Berge werden noch steiler und fallen immer senkrechter ins Wasser. Um uns herum zähle ich mehr als 10 Gletscher. Gegen  15:40 fällt nach 32 sm auf 8 m Wassertiefe im Møllerhamna der Anker.
. Statt Ankerbier switchen wir heute auf Kaffee und Kuchen. Danach machen wir das Schlauchboot klar und Ralph, Ralf und ich machen uns für den Landgang klar. Ziel ist das legendäre Lloyd-Hotel. Eisbären sind nicht in Sicht aber Gewehr, Signalmunition und das Nebelhorn zur Abschreckung der Eisbären kommen mit. An Land wird erst einmal das Gewehr  ausprobiert. Wir sind sehr vorsichtig. Ralph hat die Knarre, Ralf die Signalmunition und ich die Fanfare (Eisbären mögen keinen Lärm). Wie bei Arved Fuchs beschrieben, finden wir den „Baroquestein“, den der Bergsteiger und Seefahrer H. W. Tilman 1974 hier hinterlassen hat. Immer wieder schauen wir uns aufmerksam um, nicht ängstlich, aber vorsichtig. Wir blicken zurück auf unsere Yacht, die ganz klein im Gegenlicht unterhalb eines Gletschers zu sehen ist. Die Mädels passen gut auf.

Die legendäre Lloydhütte

Wo ist die Lloydhütte? Wir gehen wieder näher ans Ufer und nach 300 m liegt die orange (nicht rote) Hütte vor uns. Neben der Tür die

Aufschrift „Lloydhotel“. Vorsichtig schieben wir den dicken Holzriegel an die Seite, die Tür öffnet zu einer Art Vorraum, in dem Brennholz gelagert wird. Die Tür in den Hüttenraum ist nicht verriegelt. Ein kleiner Tisch, eine Bank, ein Hocker, rei Personen können hier Platz nehmen. Rechts die Apotheke, tatsächlich mit Medikamenten befüllt, daneben das „Gipfelbuch“. Die letzte Eintragung ist … von gestern! War etwa einer der deutschen Kreuzfahrer hier? Ich trage Grüße von der „Feluka“ ein. Deutsche Passagierdampfer haben
sich hier mit ihren Namensschildern verewigt, aber auch deutsche Kriegsschiffe, haben ihre Spuren hinterlassen.
Die Lloydhütte ist beinahe ein maritimes deutsches Museum im Møllerhamna mit
Blick auf den beeindruckenden Kollerfjorden. Zwischendurch eine Kontrollrunde um die
Hütte, das Gelände weiterhin eisbärenfrei! Langsam treten wir den Rückweg an. Diesmal halten wir uns an den Ufersaum. Bis zum Schlauchboot passiert nichts aufregendes mehr.

Zurück an Bord wird das Ankerbier nachgeholt. Wir haben herrlichsten Sonnenschein, ca. 6° Grad und freuen uns über die gelungene Expedition zur Lloydhütte .

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